#09 – Getriggertsein: Fluch oder Segen?

Shownotes

Herzlich willkommen zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“ – ein Podcast für eine neue Begegnung mit Dir selbst.

Mein Name ist Maria Sanchez und in dieser Folge möchte ich mich – wie in der letzten Folge angekündigt – dem Thema „Getriggertsein“ widmen. Das Wort „Trigger“ ist heutzutage in aller Munde und in der Regel negativ behaftet. In dieser Folge möchte ich Dir das Phänomen des Getriggertseins aus verschiedenen Blickwinkeln geschaut näherbringen und darüber hinaus auch darauf aufmerksam machen, warum das Vermeiden von Triggern in vielen Fällen auch problematisch sein kann. Denn ein inneres Reifen ohne das Aufgreifen eines Getriggertseins bleibt unvollständig.

Ich wünsche Dir inspirierende und nährende Momente beim Hören.🎧

Über Rückmeldungen in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen.☀️

Deine Maria Sanchez 🌷

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Transkript anzeigen

Maria Sanchez: Herzlich willkommen zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“. Ein Podcast für eine neue Begegnung mit Dir selbst. Mein Name ist Maria Sanchez. Wie schön, dass Du hier mit mir bist.

Maria Sanchez: Erst einmal vielen Dank, Ihr Lieben, vielen Dank für Eure berührenden Rückmeldungen, die Ihr mir auf ganz unterschiedlichen Wegen habt zukommen lassen, nämlich Eure Rückmeldungen zur letzten Folge, der 8. Podcastfolge, in der ich Euch ja eine Übung angeleitet hatte als Vorbereitung auf diese Folge. Und natürlich habe ich alle Kommentare von Euch diesbezüglich gelesen, auch wenn ich leider, wie ich schon einmal in meinem Podcast hier sagte, aus Zeitgründen leider sehr oft nicht antworten kann. Aber für mich ist es nach wie vor sehr schön von Euch hören zu können, von Euch hören zu dürfen, wie das, wovon ich hier spreche, bei Euch landet, und gerade im Hinblick auf die Vorbereitungsübung der letzten Folge haben mich Eure bewegenden Rückmeldungen sehr erreicht.

Maria Sanchez: Heute also – wie beim letzten Mal angekündigt – möchte ich mich dem Thema „Getriggertsein“ widmen. Das Wort „Trigger“ ist ja heutzutage in aller Munde und in der Regel negativ behaftet. In dieser Folge möchte ich Dir das Phänomen des Getriggertseins aus verschiedenen Blickwinkeln geschaut näherbringen und darüber hinaus auch darauf aufmerksam machen, warum das Vermeiden von Triggern in vielen Fällen auch problematisch sein kann. Denn ein inneres Reifen ohne das Aufgreifen eines Getriggertseins bleibt unvollständig.

Maria Sanchez: Damit sichergestellt ist, dass wir alle von der gleichen Grundlage aus starten, hier eine kurze Definition zum Thema „Trigger“ beziehungsweise „Getriggertsein“: Trigger kommt aus dem Englischen, nämlich „trigger“, und bedeutet als Übersetzung ins deutsche „Auslöser“. Und angewendet wird dieser Begriff „Trigger“ bzw. „Getriggertsein“ im psychologischen Bereich im folgenden Kontext: etwas geschieht in der Gegenwart und ruft in uns eine emotionale Verletztheitsreaktion aus unserer Vergangenheit hervor, und wir projizieren diese Verletzungsdynamik aus unserer Vergangenheit auf die Gegenwart.

Maria Sanchez: Ein Beispiel, damit das ein bisschen greifbarer wird: Ich sehe heute auf der Straße einen kleinen Hund, der von einer Person an der Leine geführt wird, d. h. objektiv besteht in der Gegenwart keine Gefahr für mich, aber ich reagiere auf den Anblick des Hundes mit starker Angst. Vielleicht rast mein Herz, vielleicht möchte ich mich verstecken, ich möchte schreien usw. Vom Kopf her kann ich durchaus verstehen, dass meine emotionale Reaktion auf den Hund übertrieben ist, aber das nützt mir nichts, denn in meinem Inneren ist durch den Anblick des Hundes in mir etwas ausgelöst worden. Der Hund in der Gegenwart ist der Trigger, eben der Auslöser, für eine starke innere Reaktion, deren Ursprung nichts mit diesem Hund zu tun hat, sondern mit einer unverarbeiteten – und das ist wichtig – einer unverarbeiteten emotionalen Verletzungssituation aus meiner Biografie. Vielleicht hat mich in meiner Kindheit ein Hund gebissen, was ich unter Umständen gar nicht mehr weiß, und diese schreckliche Erfahrung sitzt im wahrsten Sinne des Wortes unverarbeitet in meinem Inneren fest. Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass jede Person, die beim Anblick eines Hundes Angst verspürt, getriggert sein muss. Anhand dieses Beispiels wollte ich nur eine bestimmte Dynamik verdeutlichen.

Maria Sanchez: Oder ein anderes Beispiel: Ich habe vielleicht aufgrund von biografischen Verletzungserfahrungen ein schwieriges Verhältnis zu meiner Mutter und reagiere auf Frauen, die meiner Mutter in irgendeiner Form ähneln, bewusst oder viel häufiger unbewusst, innerlich mit einer Abwehr, obwohl ich diese Frauen gar nicht kenne, wirken sie auf mich, da ich sie unbewusst mit meiner Mutter gleichsetze, eher unsympathisch und ich habe ziemlich schnell ein Urteil über sie gefällt. Wie bei einer Gitarre, die durch das Erklingen einer anderen Gitarre in einem Raum in Resonanz tritt und auch beginnt, einen Ton zu produzieren, obwohl wir diese zweite Gitarre gar nicht angefasst haben, wird in uns Menschen durch eine Situation im Hier und Jetzt eine biografische verwundete Ich-Seite in uns aktiviert.

Maria Sanchez: Ein Getriggertsein bedeutet also noch mal etwas anders betrachtet: Wir können einer Situation in der Gegenwart nicht offen begegnen, sondern wir nehmen sie durch eine in der Regel unbewusste biografische Verletzungsbrille wahr und reagieren in der Gegenwart aus dieser alten Verletzung heraus. Wir glauben, wir würden etwas im Hier und Jetzt mit einer offenen inneren Wahrnehmung erfassen und bekommen gar nicht mit, dass unsere Wahrnehmung alles andere als offen ist.

Maria Sanchez: Normalerweise assoziieren wir mit einem Getriggertsein eine emotionale „negative“ Überreaktionen, aber meine Erfahrung ist, dass es in jede Richtung gehen kann, d. h. bei einem Getriggertsein müssen nicht nur negative Dynamiken in uns anspringen, sondern – und das ist sehr vielen Menschen gar nicht bewusst – es können auch „positive“ Dynamiken in uns aktiviert werden, deren Treibstoff aber ebenfalls aus einer biografischen Verletzung resultiert. Dies ist z. B. der Fall, wenn wir eine Person erhöhen, also wenn ich z. B. glaube, nur diese Person kann mich retten oder nur diese Person kann mir ein tolles Leben ermöglichen o. Ä. Diese positive Projektion auf jemanden folgt ja letztlich den gleichen Strukturen des Getriggertseins wie eine negative Projektion.

Maria Sanchez: Wo man dies häufig beobachten kann, ist z. B. bei Reaktionen auf öffentliche Personen. Wenn plötzlich ein Mensch beispielsweise aus der Politik als Retter:in empfunden wird, ohne dass eine informationsreiche Auseinandersetzung mit dieser Person stattgefunden hat, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ein positiver Trigger aktiv ist. Alles, was in eine bestimmte Richtung geht – egal, ob es eine Verurteilung ist oder eine Erhöhung –, speist sich letztlich aus einer biografisch verletzten Ich-Seite. Das klingt vielleicht ein bisschen extrem, aber ich möchte Dich gern einladen, es in Dir vielleicht auch ein bisschen zu bewegen, ein bisschen darüber nachzusinnen. Wenn wir etwas intensiver darüber nachdenken, ist es ja eigentlich auch ganz logisch. Warum sollte es beim Getriggertsein nur in eine negative Richtung gehen und nicht auch in eine erhöhende, positive Richtung? Es gibt noch einige weitere Getriggertsein-Aspekte, die oft nicht als ein Getriggertsein erkannt werden.

Maria Sanchez: Ein Beispiel, das ebenfalls häufig vorkommt, ist, wenn Menschen aus einer unbewussten inneren biografischen Überlebensstruktur heraus und damit ebenfalls wieder aus einer inneren Verwundung heraus in emotional aufgeladenen Situationen ganz ruhig und besonnen wirken. Wenn man es sehr vereinfacht darstellt, gibt es ja Menschen, die von anderen schnell als zu emotional eingeordnet werden, manchmal auch als zu impulsiv – und in der Tat gibt es ja die extremeren Fälle, in denen sich Menschen als Opfer ihrer Impulsivität erleben –, aber wenn wir für einen Moment nicht vom Extremen ausgehen, sondern vielleicht von Menschen, die beispielsweise schnell weinen und in ihrer Emotionalität von anderen eher als kindlich eingeordnet werden, dann ist es schon ein bisschen verrückt, wenn der Gegenpol davon, nämlich die scheinbar besonnenen, die, die in schwierigen Situationen ganz ruhig und überlegen wirken, wenn deren kontrollierte Handhabe mit ihren Emotionen in unserer Gesellschaft eher als erwachsen eingestuft wird. Denn letztlich sind es nur zwei Seiten einer Medaille.

Maria Sanchez: In dieser Art des Besonnenseins hat – bildlich gesprochen – einfach nur ein verletztes inneres Kind das Kleid eines Erwachsenen an. Vorsicht: Ruhig und besonnen zu wirken, muss sich natürlich keineswegs aus einem Getriggertsein speisen. Das zu verallgemeinern, wäre ja Unsinn, aber es lohnt sich auch hier, sich einen tiefergehenden Blick zu erlauben. Denn wenn unser Ruhigsein in Bezug auf eine Situation damit einhergeht, ruhig sein zu müssen, weil wir dies in unserer Kindheit durch emotionale Verletzungen, die wir erlitten haben, als Bewältigungsstrategie entwickeln mussten – und so viele Menschen haben dieses Verhalten täglich und wissen nicht, dass es aus einer Verletzungsdynamik entspringt, weil es eben in unserer Gesellschaft als so normal positiv gilt. Wenn also das Ruhigseinmüssen bei genauerer Betrachtung das Resultat einer Angst ist, beispielsweise der Angst vor einer äußeren, lauten, unkontrollierbaren Situation, dann speist sich unsere nach außen wirkende Besonnenheit nicht etwa aus einem inneren, weiten, gereiften Bewusstseinsraum, sondern in dem Fall vielmehr aus einem Zustand des emotionalen Dissoziiertseins.

Maria Sanchez: Wenn wir lernen, unseren Blick für diese verschiedenen Arten des Getriggertseins zu weiten, eben z. B. auch für das nicht authentische Ruhigsein, dann bekommen wir überhaupt erst mit, wie stark und wie verbreitet das Getriggertsein in unserem Miteinander ist und wie wenig es uns in seiner Bandbreite auffällt. Natürlich bleibt ein Getriggertsein, wenn wir es nicht aufgreifen, nicht ohne Folgen. Eine Folge davon ist, dass wir dann regelmäßig zu Abdämpfungsmitteln und/oder Ablenkungshandlungen greifen müssen, um irgendwie eine Handhabe für unsere innere aktivierte Verletzungsspannung zu haben. Aber auch dieses fällt bei vielen Menschen nicht so stark auf, weil sehr viele Abdämpfungs- oder Ablenkungshandlungen gesellschaftlich anerkannt sind, wie beispielsweise übermäßig viel Sport zu machen. Und auch hier gilt wieder: Das muss natürlich keinesfalls so sein, aber ein genauerer Blick lohnt sich auch hier sehr, denn keine Ablenkungs- oder Abdämpfungshandlung kann die Verletzungsspannungen in uns auf Dauer fernhalten. Die Gefahr ist einfach groß, dass – bildlich gesprochen – der Deckel wegen des emotionalen und körperlichen Drucks irgendwann wegfliegt. Nicht als eine Strafe, sondern als eine logische Konsequenz. Denn das Leben strebt nach Entwicklung und diese lässt sich nicht auf Dauer zurückhalten.

Maria Sanchez: Sehr häufig sind die Währung, mit der wir ein unbemerktes Getriggertsein bezahlen, unsere psychischen und/oder psychosomatischen Symptome. Und wenn man das noch größere Bild aufzieht, dann lebt auch ein ganzer Wirtschaftsbereich, z. B. große Bereiche der Werbung, davon, dass wir das Ausmaß unserer Triggerbarkeit nicht mitbekommen. Es gilt einfach als normal. Dadurch, dass wir Menschen das einzige Säugetier sind, das die Zeiten unbewusst „vertauschen“ kann – damit meine ich, dass unsere unbefriedete Vergangenheit und unser Erleben der Gegenwart ineinander schmelzen können –, haben wir es zu Beginn unseres inneren Weges weiß Gott auch nicht leicht. Wir sind auf einer emotionalen Ebene so oft – wie ich eben schon kurz erwähnt habe – ein verletztes Kind in einem Erwachsenenkleid und bekommen es nicht mit. Oder wenn wir es mitbekommen, versuchen wir leider häufig Strategien anzuwenden, die unser verletztes inneres Kind aus dem einen Kleid, das uns nicht so gut gefällt, wenn wir z. B. aufbrausend sind oder zu schüchtern sind, mithilfe psychologischer oder spiritueller Techniken in ein anderes Kleid zu packen. Jetzt ist das Kleid vielleicht nicht mehr gestreift, sondern gepunktet, aber es ist immer noch ein Kontrollkleid. Das verletzte Kind ist unter dem Kleid und wartet auf uns.

Maria Sanchez: Und genau dabei kann uns ein feineres Gespür für das Thema „Trigger“ oder „Getriggertsein“ sehr helfen, denn: Wie wollen wir eine verletzte Kindseite in uns entdecken, wenn wir beispielsweise versuchen, nicht getriggert zu werden, was so viele Menschen ja tatsächlich versuchen? Und auch hier noch einmal: Vorsicht, ich spreche nicht davon, sich dem Getriggertsein zu nähern und sich überfordert zu fühlen, sondern davon ein anderes Verhältnis zum Thema „Getriggertsein“ zu bekommen. Natürlich sind wir Menschen mehr als unsere biografisch verletzten inneren Kindseiten, wir sind sehr viel mehr. Aber meiner Erfahrung nach laufen wir nicht Gefahr, dass wir Menschen zu stark unsere verletzten inneren Kinder wahrnehmen, sondern dass wir uns gerade nicht stark genug als verletzte innere Kinder wahrnehmen, dass wir unser Getriggertsein eben gerade nicht wirklich gut mitbekommen und deshalb sowohl individuell als auch kollektiv in einem starken Kreislauf aus emotionaler Selbstverletzung und emotionaler Fremdverletzung in ganz unterschiedlichen Graden – manchmal sehr offensichtlich und stark und manchmal unglaublich subtil, aber nicht unbedingt weniger wirkungsvoll –, dass wir in diesem Kreislauf feststecken.

Maria Sanchez: Vor Kurzem hat mir eine Person davon berichtet, dass sie in ihrem Alltag häufig getriggert sei und dass sie dann viel Angst empfindet. Sie berichtete mir, dass sie jetzt mithilfe von einem psychologischen Tool gelernt habe, wenn die Angst in ihr aufkommt, diese Angstwelle in sich gut halten zu können. Das ist als erster Schritt absolut wertvoll, vor allem wenn wir uns, wie diese Person, von einer Emotion, wie in diesem Beispiel von einer Angst, überfordert fühlen. Aber das hat mit einer Beziehungsfähigkeit zu uns selbst ja noch überhaupt nichts zu tun. Ich habe diese Person dann gefragt, wie denn für sie jetzt der nächste Schritt aussehen würde und sie wusste gar nicht, was ich meinte. Für sie war dieses Tool anzuwenden, das erhoffte Ende der Angststraße. Sie war sehr überrascht, als ich ihr sagte, dass es ja einen Grund für diese Angst gäbe und dass die ängstliche Seite in ihr ja eine Persönlichkeitsseite von ihr selbst ist. Wir stiegen nur ganz kurz mit ein paar Fragen in ihre Angst ein und sie bekam bereits in dieser sehr kurzen Zeit viele Informationen. Ihr leuchtete also das ein, aber sie hatte vorher noch nie darüber nachgedacht, dass nur die Angst halten oder aushalten zu können ja noch gar nicht den Beziehungsaspekt mit beinhaltet, die Beziehung zu sich selbst.

Maria Sanchez: Wenn wir die Angst einfach nur durchlaufen lassen, dann lernen wir sie nicht kennen. Wir lernen einfach nur die Angst durch uns durchlaufen zu lassen. Wie gesagt, als erster Schritt sehr wertvoll, damit wir eben nicht überfordert sind. Aber es ist nicht mehr und nicht weniger als ein Kontrollschritt. Die wichtige Frage ist doch, was machen wir danach? Wenn wir an diesem Punkt stehen bleiben, könnten wir auch einfach nur eine Anti-Angst-Pille einnehmen, aber das macht uns Menschen doch nicht zu Menschen. Wenn wir auf diese Art und Weise mit einem Getriggertsein umgehen, nämlich dass wir eine innere Emotion „nur“ halten, werden wir innerlich nie reifen, und wir werden dann auch das Geschenk, was in unserem Getriggertsein steckt, nicht auspacken können. Ich hoffe, dass sich viele Menschen nicht damit zufriedengeben, an dieser Stelle des „Ich halte eine Emotion in mir“ stehen zu bleiben. Ich hoffe, dass wir mutig genug sind, Schritt für Schritt tiefer in Richtung zu uns selbst kommen zu wollen. Bleiben wir an dieser Stelle stehen, wird uns die Liebe zu uns selbst nie wirklich finden können.

Maria Sanchez: Warum? Weil wir uns selbst nie wirklich in der Tiefe kennenlernen können. Wir werden den unglaublich wichtigen Unterschied zwischen einem oberflächlichen Vertrauen, welches auf Kontrolle beruht, und ein tiefes Vertrauen, welches auf Liebe beruht, nicht entdecken können. Ein Vertrauen, das wir auf der Basis von Kontrolle erlangen, lässt uns in der Tiefe immer in einer Distanz zu uns selbst bleiben. Und ich möchte gern wiederholen, was ich in vielen meiner Bücher schon gesagt habe, nämlich dass die Wurzel von innerer Kontrolle, wenn man den Kontrollprozess innerlich in die Tiefe begleitet, am Ende immer Angst ist. Das ist auf Dauer nicht nur anstrengend, sondern, wie ich eben meinte, es hält uns darüber hinaus auf einer tieferen Ebene auf Abstand zu uns selbst und lässt uns damit uns selbst gegenüber innerlich immer ein Fremder oder immer eine Fremde sein. Vertrauen, welches auf Liebe fußt, lässt Dich im Laufe der Zeit immer mehr staunen, wer Du bist. Es lässt Dich Schritt für Schritt stetig weiter kennenlernen. Es lässt Dich nicht im Streben nach Sicherheit verharren, sondern die viel tiefere Sicherheit im stetigen Werden finden. Wenn das langsam geschieht, wird Dir vielleicht erst fühlend bewusst werden, in welcher inneren Zwangsehe Du Dich bisher mit Dir selbst befunden hast und wie Du daraus langsam Schritt für Schritt in eine Liebesbeziehung mit Dir selbst eintrittst. Du bist dann nicht mehr verführbar von äußeren Einflüssen, weil Du nicht mehr mit jemand anderes tauschen möchtest, sondern tief fühlen kannst „Das bin ich und genau so bin ich richtig.“

Maria Sanchez: Auf diesem Sich-Kennenlern-Weg trifft die Psychologie, wie ich schon so oft erwähnt habe, ab einem bestimmten Punkt natürlicherweise die Spiritualität. Denn wenn diese Art von Liebe uns findet, wenn wir sie in uns entdecken, dann tauchen wir tatsächlich ins Jetzt ein. Unser Blick klärt sich immer mehr auf, weil wir die Wahrnehmungslinsen unserer Vergangenheit immer mehr spürend erkennen können und wir dadurch lernen, mit einer ganz anderen Sehschärfe uns und die Welt zu erleben, mit puren Augen zu sehen, statt durch eine unentdeckte Vergangenheitsbrille. Der Weg dorthin kann für uns Menschen lange Zeit nur über ein Getriggertwerden laufen, plus – und das ist natürlich sehr wichtig – über ein bewusstes, erfühltes In-Beziehung-Treten mit dieser Triggerdynamik in uns. Zu versuchen, ein Getriggertsein zu vermeiden oder über ein Getriggertsein einfach nur hinwegzugehen – manchmal sagen Menschen ja „Ich weiß, ich bin getriggert, aber ...“, dabei müssten wir nach so einem Satz „Ich weiß, ich bin getriggert“ eigentlich erst einmal innehalten, denn wir sind dann nicht mehr im gegenwärtigen Moment, es geht ja nicht um das Getriggertsein an sich, sondern vielmehr darum, wie gehen wir dann damit um – oder was leider auch oft vorkommt, dass wir ein Getriggertsein, manchmal auch dadurch abtun, dass wir sagen, die Vergangenheit ist vergangen, was aus meiner Sicht auch absurd ist, denn etwas mental zu erfassen, hat ja noch nicht viel mit unserer emotionalen Ebene zu tun.

Maria Sanchez: Aber darüber hinaus finde ich etwas anderes noch viel entscheidender, nämlich wenn wir unser Getriggertsein, sobald es uns auffällt, nicht aktiv aufgreifen, dann ziehen wir eine Grenze zu einem sehr wichtigen Eingangstor in unser Inneres. Etwas aus der Vergangenheit, das nicht befriedet ist, das nicht erlöst ist, klopft an unsere Bewusstseinstür, um mit uns in Beziehung zu treten. Wir klopfen an – bei uns selbst.

Maria Sanchez: Zum Ende dieser Podcastfolge möchte ich Dich, wenn Du Lust hast, gern in den nächsten Tagen zu einem Experiment einladen. Wenn Du magst, beobachte Dich in den nächsten Tagen, wie Du in Deinem Alltag mit einem Getriggertsein umgehst. Natürlich so, dass Du Dich nicht überfordert fühlst. Speziell möchte ich Dir ans Herz legen, dies zu erkunden, wenn Du mit Menschen zusammen bist, die Dir nahestehen. Wie verhältst Du Dich in diesen Momenten Dir selbst gegenüber? Wie verhältst Du Dich dem anderen Menschen gegenüber? Wenn es nicht darum geht, und das sage ich wirklich aus tiefem Herzen, wenn es nicht darum geht, dass das eine besser ist als das andere, sondern wenn es wirklich darum geht, dieser Forschungsfrage nachzugehen: Was erfährst Du dann über Dich? Ich möchte immer wiederholen, Du hast sehr gute Gründe für das, was Du denkst, für das, was Du fühlst und für das, was Du tust. Mit Dir ist nichts verkehrt.

Maria Sanchez: Wenn Du magst, schreibe mir gerne in die Kommentare, was Du erkundet hast. Ich freue mich sehr, von Dir zu lesen.

Maria Sanchez: Ganz herzlichen Dank für Deine Aufmerksamkeit und auf bald!

Maria Sanchez: Deine Maria Sanchez.

Abspann: Du möchtest mehr über Maria Sanchez‘ Herangehensweise erfahren? Erlerne die emotionale Selbstbegleitung. Weitere Informationen findest Du unter www.mariasanchez.de.

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