#07 – Transgenerationstrauma: ein erweiterter Blick

Shownotes

Herzlich willkommen zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“ – ein Podcast für eine neue Begegnung mit Dir selbst.

Mein Name ist Maria Sanchez und in dieser Folge möchte ich ein Thema aufzugreifen, was Ihr Euch in einer Umfrage bei Instagram von mir gewünscht habt – nämlich das Thema „Transgenerationstrauma“. Es ist ein großes Thema, das uns alle betrifft, und gern möchte ich mich aus verschiedenen Blickwinkeln diesem Thema nähern, sodass diese Folge sowohl für diejenigen unter Euch interessant sein kann, die sich erstmalig diesem Thema nähern, als auch für diejenigen unter Euch, die bereits über ein Vorwissen verfügen.

Ich wünsche Dir inspirierende und nährende Momente beim Hören. Über Rückmeldungen in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen.

Deine Maria Sanchez🌷

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Transkript anzeigen

0:00In unserer Familie muss beispielsweise nie jemand gesagt haben, dass traurig zu sein nicht gut ist. Allein die Tatsache, dass wir nie oder nur selten jemanden in unserer Familie weinen gesehen haben, oder wenn wir es gesehen haben, es der Person unangenehm war – allein diese Tatsache reicht aus, dass wir in uns schmerzhaft verinnerlicht haben, dass wir fröhlich erwünschter sind als traurig.

Hallo und herzlich willkommen zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“ – ein Podcast für eine neue Begegnung mit Dir selbst. Wie schön, dass Du hier mit mir bist.

0:52Mein Name ist Maria Sanchez und wie Du meiner Ankündigung vor zwei Wochen entnehmen konntest, musste ja leider die letzte Folge ausfallen – auch wenn der Grund ein ganz wunderbarer war, nämlich dass ich, wie ich Euch über Social Media ja beschrieben hatte, mit den Hörbuchaufnahmen meines neuen Buches „Der blinde Fleck“ früher als ich ursprünglich geplant hatte, beginnen konnte.

1:20Und da sich zeitlich leider nicht beides unterbringen ließ, war es im letzten Monat für mich deshalb leider nicht möglich, eine Podcastfolge aufzunehmen. Umso mehr freue ich mich aber heute ein Thema aufzugreifen, was Ihr Euch in einer Umfrage bei Instagram von mir gewünscht habt – nämlich das Thema „Transgenerationstrauma“.

1:46Es ist ein großes Thema, das uns alle betrifft, und gern möchte ich mich aus verschiedenen Blickwinkeln diesem Thema nähern, sodass diese Folge sowohl für diejenigen unter Euch interessant sein kann, die sich erstmalig diesem Thema nähern, als auch für diejenigen unter Euch, die bereits über ein Vorwissen verfügen. Ich wünsche Dir viel Freude und vor allem nährende Momente beim Hören.

2:17Zu Beginn möchte ich erst einmal eine kurze Definition geben, was denn eigentlich ein Transgenerationstrauma ist. Wie der Name schon sagt, ist es ein Trauma, das nicht nur in der persönlichen Geschichte eines Menschen zu finden ist, sondern das sich über Generationen erstreckt. Gern möchte ich Dir ein Beispiel nennen, um es ein bisschen greifbarer zu machen.

2:44Es kann sein, dass Deine Großeltern einen Krieg erlebt haben und damit verbunden leider auch Traumatisches erfahren haben. Wenn dieses Trauma nicht von ihnen aufgearbeitet wurde, ist es möglich, dass diese große Verletzungsspannung und die damit einhergehenden Phänomene, zum Beispiel eine große Angst, an die nächste Generation weitergegeben wird. Mit anderen Worten:

3:13Obwohl Du selbst den Krieg nicht erlebt hast, kannst Du die immense Angst, die damit einherging, geerbt haben. Hat man das ganze bis vor einigen Jahren noch für Unsinn gehalten, ist es heutzutage gut wissenschaftlich belegt, dass es diese Phänomene gibt. Wie diese Weitergabe geschehen kann, hat verschiedene Möglichkeiten.

3:41Auf einen psychologischen Aspekt werde ich gleich noch genauer eingehen, aber vorab ist mir wichtig, zu sagen, dass man heute weiß, dass sich ein nicht aufgearbeitetes Trauma auch auf unser Erbgut auswirken kann und sogenannte epigenetische Veränderungen hervorrufen kann.

4:02Damit ist gemeint, dass ein Trauma unsere Genregulation verändern kann, das heißt – sehr vereinfacht gesagt – ein Trauma kann beeinflussen, wie unsere Gene abgelesen werden, also welche Gene an- oder abgeschaltet sind. Was da im Einzelnen biologisch in unserem Körper geschieht, ist eine faszinierende Sache, und es lohnt sich für diejenigen unter Euch, die daran Interesse haben, mehr über diesen biologischen Faktor zu erfahren, sich darüber im Internet tiefergehend zu informieren.

4:40Da ich in diesem Podcast aber den Schwerpunkt auf etwas anderes als auf den biologischen Aspekt legen möchte, steige ich hier an dieser Stelle nicht tiefer auf diesen interessanten Aspekt ein, sondern erwähne ihn vor allem deshalb, weil heutzutage wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass ein Trauma neben dem immensen generationsübergreifenden psychologischen Effekt eben auch nachweislich einen biologischen Effekt hat.

5:11Von einer Warte aus betrachtet ist das ja auch vollkommen logisch, denn wie sollte die psychologische Ebene von der biologischen getrennt sein? Aber das bemerkenswerte ist, dass man dies heute auch wissenschaftlich anerkennt. Und warum ist mir das so wichtig zu betonen?

5:31Weil die Wissenschaftler:innen, die bereits vor Jahren auf diesen generationsübergreifenden Einfluss aufmerksam gemacht haben, damals als Spinner abgetan wurden, und man es heute weiß, dass sie recht hatten. Pionier:innen haben es leider oft schwer und durchleben nicht selten harte und schwierige Zeiten,

5:55und mir ist wichtig, einmal für sie hier aufzustehen und ihnen Anerkennung und Respekt zu zollen. Und nun lade ich Dich ein, mit mir den Blick auf etwas zu richten, was ich hier – wie eben schon kurz erwähnt – zu diesem Thema in den Fokus stellen möchte – wissend, dass man hierzu natürlich auch noch weitere Aspekte betrachten kann.

6:20Wenn von einem transgenerationalen Trauma gesprochen wird, dann meint man damit in der Regel ein Trauma, was innerhalb einer Familienlinie weitergegeben wird. Wie das am Anfang erwähnte Beispiel mit unseren Großeltern. Also unser Opa war im Krieg, hat dort Furchtbares, Grausames erlebt, hat danach aufgrund seiner Traumatisierung nicht darüber sprechen können, geschweige denn das Trauma aufgearbeitet, und wir entwickeln nun beispielsweise als Enkel:in daraus resultierend Symptome, wie zum Beispiel eine große Angst, ohne – so die Annahme – ohne, dass ein konkretes traumatisches Erlebnis in unserem Leben als Enkel:in stattgefunden hat.

7:11Manchmal gibt es Ausrichtungen, die versuchen dann Rituale durchzuführen, um – um bei unserem Beispiel zu bleiben – dem Opa seine Verletzungsspannung zurückzugeben.

7:26Warum ich dies in Bezug auf einen Heilungsweg in der Tiefe für problematisch halte und warum aus meiner Erfahrung heraus wir in Bezug auf dieses Thema einen umfangreicheren Blick benötigen, um heilsame Schritte gehen zu können, möchte ich Dir gern im Folgenden näherbringen. Dafür möchte ich gern einen größeren Bogen spannen.

7:51Als Menschen sind wir Wesen, die sowohl ganz individuell, ganz persönlich für sich als Individuum stehen als auch gleichzeitig eingebettet sind in ein größeres Feld. Dieses größere Feld hat verschiedene Ausrichtungen und auf zwei dieser Ausrichtungen möchte ich gern in dieser Podcastfolge zu diesem Thema eingehen.

8:18Einmal ist da die Ausrichtung, dass wir – wie eben schon kurz berichtet – in einer Familienlinie stehen. Man könnte sagen, bei diesem über uns als Individuum hinausreichenden Feld werden, wenn wir unseren Blick speziell auf die Verletzungen richten, diese Verletzungen von Generation zu Generation direkt emotional weitergegeben.

8:46Denn jede tiefere, nicht geheilte Verletzung unserer Eltern aus ihrer Biografie hat einen direkten Einfluss auf uns als Kind. Das hast Du vermutlich auch schon mal gehört, denn wir leben in einer Zeit, in der diese Art von Wissen im Hinblick auf die Eltern-Kind-Beziehung sich glücklicherweise mehr und mehr verbreitet.

9:12Das Entscheidende dabei ist jedoch, aus welchem Blickwinkel schauen wir darauf. Auf diese neue Sichtweise möchte ich unter anderem ja auch gern in meinem Podcast immer wieder aufmerksam machen. Aber zurück zum Thema: In unserer Familie muss beispielsweise nie jemand gesagt haben, dass traurig zu sein nicht gut ist.

9:37Allein die Tatsache, dass wir nie oder nur selten jemanden in unserer Familie weinen gesehen haben, oder wenn wir es gesehen haben, es der Person unangenehm war – allein diese Tatsache reicht aus, dass wir in uns schmerzhaft verinnerlicht haben, dass wir fröhlich erwünschter sind als traurig.

10:02Wie ich in der Vergangenheit schon oft betont habe, können uns unsere Eltern – ganz gleich, wie sehr sie uns grundsätzlich lieben – können uns unsere Eltern nur den authentischen Beziehungsraum zur Verfügung stellen, den sie sich selbst geben können. Haben unsere Eltern kein gutes Verhältnis zu ihrer Wut, werden sie unserer Wut kein authentisches Daseinsrecht geben können.

10:28Sie werden unserer Wut keinen authentischen emotionalen Landeplatz zur Verfügung stellen können, was bedeutet, dass wir in der prägenden Zeit unserer Kindheit selbst ebenfalls kein gutes Verhältnis, keine gute Beziehung zu unserer Wut und damit zu einem Teil unserer selbst aufbauen können.

10:53Die Tatsache, dass unsere Eltern zu bestimmten Emotionen in sich kein gutes Verhältnis haben, hat natürlich wiederum mit ihrer Biografie zu tun, also damit, dass schon ihre Eltern ihnen kein Daseinsrecht für ihre emotionale Vielfalt geben konnten. In Bezug auf die transgenerative Weitergabe von Verletzungen geht es also nicht nur um offensichtliche traumatische Erlebnisse, sondern um ein emotional tief verletztes Familienfeld, in das wir als Kind hineingeboren werden und deren Verletzungen wie eine Staffel bei einem Staffellauf von Generation zu Generation weitergegeben wird.

11:41Dies ist eine sehr folgenreiche Angelegenheit, denn wir können uns nicht ausreichend in unserem Wesenskern verkörpern.

11:51Das hat – wie ich in verschiedenen Publikationen bereits erwähnt habe – sehr weitreichende psychologische und spirituelle Folgen, denn wir bleiben am tiefsten Punkt unserer durch unsere Biografie entwickelten Persönlichkeit unverbunden. In oberen Ebenen kann uns dies mitunter gar nicht auffallen, aber durch unsere hartnäckigsten Symptome und deren Erkundung können wir dies ganz klar erfühlen.

12:26Die Tatsache, nicht in unserer emotionalen Ganzheit landen zu können, führt zu einer sehr schmerzhaften und sehr tiefgreifenden, vielschichtigen Verletzung, die ich – wie einige von Euch ja auch aus meinen Büchern wissen – die Urverletzung oder das Urtrauma nenne.

12:49Ohne hier näher darauf einzugehen, weil es den zeitlichen Rahmen sprengen würde, möchte ich nur für diejenigen, die meine Arbeit noch nicht kennen, kurz erwähnen, dass ich mit der Urwunde oder mit dem Urtrauma nicht ein Bindungs- oder Entwicklungstrauma meine, sondern eine Ebene, die noch darunter liegt.

13:13Wenn an manchen Stellen gesagt wird, dass ein Transgenerationstrauma bis vier Generationen zurückreicht, dann halte ich das für unsinnig, da unsere Familienlinie ja nicht erst vor vier Generationen begonnen hat, sondern schon viel älter ist, und Traumata, die unsere Ahnen vor vier Generationen zurück erlebt haben, natürlich ebenfalls im Erfahrungsfeld unserer Familie gespeichert ist.

13:42Es gab ja nicht nur den Zweiten Weltkrieg, sondern auch schon Kriege davor. Und unser Großvater, der vielleicht leider im Zweiten Weltkrieg traumatische Erlebnisse erleiden musste, hatte davor mit Eltern, die aus dem Ersten Weltkrieg kamen, wahrscheinlich keine Eltern, die emotional harmonisch und ausgeglichen waren. Sie waren ebenfalls schon traumatisiert.

14:12Deshalb möchte ich dafür plädieren, dass wir den Begriff „Transgenerationstrauma“ weiterfassen, als wir es vielleicht an manchen Stellen bisher tun. Aus diesem familiären Feld geschaut, liegt der Staffelstab – wie ich eben meinte – jetzt bei uns.

14:33Vielleicht sind wir die erste Person in unserer familiären Linie, die etwas aus dieser familiären Verletzung zu sich nehmen kann, die nicht mehr bereit ist, im ewigen automatisierten, emotional leidvollen Teufelskreis zu bleiben und so ihr Leben zu leben. Irgendjemand aus der familiären Linie wird irgendwann an einer Stelle beginnen müssen, emotional stehen zu bleiben.

15:07Mit allem, was dann dazu gehört: Mit den Vorwürfen an die Eltern oder an vorherige Generationen oder an das Leben an sich, mit den Seiten in einem, die sagen: „Ich will es nicht haben.“ und so weiter. Das Wichtige ist, es beginnt mit Dir, für Dich und mit Dir.

15:31Die Begleitung zu Deinen biografisch verletzten Seiten, Deine Biografie ist das Nadelöhr, durch das es zu gehen gilt, denn in Dir, in Deiner Biografie ist alles enthalten. Da wir in ein verletztes Familienfeld hineingeboren wurden und wir dadurch emotional nicht landen konnten, haben wir – obwohl wir nicht wie unser Opa einen Krieg direkt erlebt haben – dennoch direkten Kontakt zu diesem familiären verletzten Erfahrungsfeld, denn wir stehen diesbezüglich in einer Linie. In uns taucht es auf – ob durch Symptome, durch Träume oder durch andere Phänomene. Es beginnt ganz persönlich mit uns.

16:28Zu sagen, ich gebe es an meinen Opa zurück, ist auf einer Ebene absurd, denn er könnte natürlich genauso sagen „Ich gebe es an meinen Vater zurück oder an das grausame Schicksal.“, wenn er Furchtbares erlebt hat. So kann sich nie etwas entwickeln, so kann nie etwas heilen. Emotionales Heilen hat ja nicht damit zu tun, dass etwas weggehen soll, sondern dass wir reifen.

16:57Und das hat immer etwas mit uns ganz persönlich zu tun und damit, dass die Liebe uns findet, nicht in einer verklärten Form, sondern in ihrer ganzen reichhaltigen Palette. Heilung geschieht nicht, indem etwas weggeht – das ist nur der Versuch einer inneren Amputation–, sondern indem etwas dazu kommt, eben Liebe.

17:27Statt es zurückzugeben, möchte ich gern dafür plädieren, dass wir behutsam lernen, den verletzten Seiten, die sich in uns zeigen, authentisch zu begegnen, mit allem, was dabei in unserem Inneren aufkommt: mit der Traurigkeit, mit der Wut, mit der Scham, mit der Angst, mit allem, was aufkommt.

17:54Wir können lernen, dem zu begegnen. Es beginnt mit uns. Indem Du es ganz für Dich selbst tust, tut es sich automatisch auch für das Familienfeld. Jeder, der schon mal Familienaufstellungen gemacht hat, hat dieses Phänomen vielleicht schon erleben können.

18:21Das Problem beim Familienstellen ist nur – auch wenn ich in keinster Weise schmälern möchte , dass es für manche Menschen ein sehr dienliches Tool in ihrem Toolkoffer sein kann – das Problem beim Familienstellen ist, das in der Regel kein emotionales Reifen von uns als Individuum damit einhergeht. Es wird etwas im System geändert, was – wie gesagt – für manche Menschen als ein Durchgangszimmer sehr unterstützend sein kann, aber – das ist zumindest meine Erfahrung in der Arbeit mit Menschen, die mitunter sehr viele Familienaufstellungen gemacht haben – aber wir reifen nicht als Individuum. Das individuelle Bewusstsein entwickelt sich nicht.

19:09Zurück zum Thema: Nach Dir werden Deine Kinder und Deine Enkelkinder den Generationsstab in ihren Händen halten. Und es wird an ihnen liegen, für eine weitere Entwicklung zu sorgen oder für eine Stagnation. Wir Menschen haben an dieser Stelle die Wahl. Solltest Du keine Nachfahren haben, dann landet der Stab im allgemeineren Bewusstsein. Und damit sind wir bei der zweiten Ausrichtung des größeren Feldes, von dem ich eingangs sprach.

19:47Vielleicht kurz zur Erinnerung: Ich hatte davon berichtet, dass Du ein ganz individuell verkörpertes Wesen bist und gleichzeitig auch Teil eines größeren Feldes mit verschiedenen Ausrichtungen. Wir Menschen sind in vielerlei Hinsicht von unserem Bewusstsein her faszinierende Wesen.

20:11Wir sind in unserem Leben ganz individuell unterwegs und gleichzeitig eingebettet in etwas Größeres, etwas, das über unser in der Regel individuell empfundenes Leben hinausreicht. Eine der Ausrichtungen dieses größeren Feldes haben wir uns eben schon kurz angeschaut, nämlich das familiäre Feld, also dass Du in einer familiären Linie stehst.

20:42Für die Annäherung an die andere Ausrichtung, die ich in dieser Folge im Hinblick auf unsere transgenerationalen Verletzungen in den Blick nehmen möchte, möchte ich Dich zu folgender Sichtweise einladen. Dadurch, dass wir als lebendiges, verkörpertes Wesen ja in der Gegenwart leben, sind wir automatisch die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.

21:10In uns treffen diese beiden zeitlichen Strömungen zusammen. Und wenn Du Dich in Bezug auf Verletzungen, auf traumatische Verletzungen der Vergangenheit nicht nur in einer Linie mit Deiner Familie siehst, was eine Bewusstseinsentwicklung betrifft, sondern Dir für einen Moment bewusst machst, dass Du aus einem größeren Blickwinkel geschaut, mit vielen anderen Menschen zeitgleich auf diesem Planeten lebst und demzufolge auch Teil eines noch darüber hinausgehenden größeren Feldes bist, das manche Menschen manchmal auch als Menschheitsfamilie bezeichnen, dann wird deutlich, dass Du damit automatisch auch diesbezüglich einen Stab in der Hand hältst.

22:03Wir Menschen entwickeln uns auch als Menschheitsfamilie ebenfalls transgenerativ weiter. Wir tragen bestimmte Verletzungen auch als Menschheitsfamilie in uns und mit uns. Die transgenerative Geschichte von uns als Menschheitsfamilie ist ja nicht gerade eine friedliche, eine verletzungsfreie Geschichte, sondern auch da gibt es ja sehr viel an traumatischen Verletzungen.

22:36Auch dieses Erbe tragen wir in uns, zum Beispiel als kulturelles Erbe. Wir entwickeln uns auch hier an bestimmten Punkten weiter beziehungsweise an anderen Punkten stagnieren und kreisen wir. Wir nehmen den Stab zu uns oder eben nicht.

22:59Jeder von uns ist somit Teil eines sich – auch im größeren Kontext – entwickelnden Bewusstseins. In Deutschland war beispielsweise vor noch nicht so vielen Jahren das Schlagen von Kindern legitim, auch in der Schule. Obwohl auch heute leider noch vieles im Argen liegt, ist es zumindest heute per Gesetz verboten, Kinder zu schlagen.

23:28Hier gab es im größeren Feld eine punktuelle Entwicklung. Die größere Zahl der Kinder wurde früher, was körperliche Gewalt betraf, noch viel schlimmer behandelt als heute – auch wenn leider heutzutage noch viel zu viele Kinder leiden. Was ich damit sagen möchte, ist: Wir sind auch was die transgenerativen Traumata der Menschheitsfamilie betrifft, in einer Entwicklung.

23:58Und es nützt nicht viel, dass wir uns wünschen, dass wir mehr Mitgefühl oder Achtsamkeit füreinander entwickeln. Was wir brauchen, ist ehrliche Emotionsarbeit. Das ist der Boden, der uns im Hinblick auf transgenerative Traumata wirklich langfristig trägt. Da reicht keine Distanzierung oder Beruhigung, denn das ermöglicht noch kein Daseinsrecht für die verletzten Seiten.

24:32Du bist als Mensch, der in unserer Zeitdimension lebt, automatisch auch Teil einer Bewegung von menschlichem Bewusstsein. Und auch hier beginnt es bei Dir. Du bist das Zentrum.

24:50Das meine ich in keinster Weise im Sinne eines „Du solltest Dich unbedingt entwickeln“-Drucks, denn das ist das Gegenteil von Entwicklung, sondern im Sinne einer zutiefst liebevollen Einladung, emotional stehen zu dürfen, wo Du tatsächlich stehst. Ich möchte es aus tiefem Herzen immer wiederholen: Du brauchst nicht anders zu sein.

25:19Wenn wir von hier aus noch mal auf uns als Teil der Menschheitsfamilie blicken, dann stellt sich doch die Frage: Wie wollen wir in einer friedlicheren Welt leben, wenn wir nicht mal unseren durch Verletzungen aufgeladenen Seiten in uns selbst begegnen können? Unseren gierigen, rachsüchtigen, egoistischen Seiten genauso wie den ängstlichen, sich schämenden und so weiter.

25:50Wie soll das gehen? Ich möchte die Entwicklung unserer Menschheitsfamilie nicht nur auf die persönliche innere Ebene reduzieren. Das würde der Lösung des Problems allein nicht gerecht werden. Das wäre viel zu eindimensional gedacht. Aber ohne den Blick auf unser individuelles Reifen werden die transgenerativen Verletzungen nicht in der Tiefe heilen können.

26:19Wir werden – wie wir ja auch schon erlebt haben – nur eine scheinbare Sicherheit im Außen erfahren. Sobald sich die äußeren Umstände ändern – wie wir ja leider gerade wieder erleben – drohen die verletzten Seiten in uns, zum Beispiel die unbewusste Angst und/oder die unbewusste Wut, das innere Ruder zu übernehmen, und verleitet uns zu mitunter gefährlichen Projektionen im Außen.

26:50Wir sind im Hinblick auf Verletzungen aus vorherigen Generationen auch Teil eines Bewusstseinsreifungsprozesses, der auch über unsere Familiengeschichte hinausgeht. Und gern möchte ich sogar noch einen Schritt weitergehen und aus meiner Erfahrung heraus sagen, dass dieses Reifen unseres Bewusstseins auch einen tiefen spirituellen Aspekt beinhaltet.

27:19Wenn das Leben, Gott, das Höhere, das Universum oder wie immer wir es nennen wollen, in uns ist, es also letztlich ein großes Bewusstsein gibt, zwar mit unterschiedlichen Ebenen, aber letztlich ein großes Bewusstsein gibt, dann ist jede Entwicklung, die wir individuell vollziehen, jedes Abholen unserer selbst, egal an welchem inneren Ort wir uns befinden – ob er dunkel oder hell ist, ob es sich um unsere Angst, unsere Vergeblichkeit, unseren Hass oder um was auch immer handelt, dann ist jede heilsame Begegnung in uns selbst nicht nur etwas, was uns Schritt für Schritt langsam in höhere Bewusstseinsebenen bringt, sondern auch etwas, das wir in das gesamte Bewusstseinsfeld hineinbringen.

28:15Jedes Individuum auf seine Weise. Mit anderen Worten: Wir tragen durch die heilsame Hinwendung zu unseren biografischen Verletzungen und damit zu unseren transgenerationalen Traumata dazu bei, dass das Gesamtbewusstsein sich ebenfalls entwickelt.

28:39Das Höhere, das Leben, der Kosmos, Gott oder wie immer Du es nennen magst, atmet nicht nur in Dir, sondern Du atmest auch in ihm. Dein Werden ist sein werden. Das Leben, das Universum oder Gott ist nicht statisch oder fertig, sondern in Entwicklung. Und Du bist Teil davon.

29:09Es beginnt in Dir – genau dort, wo Du emotional gerade stehst. Es beginnt in Dir und mit Dir. Wenn wir den Begriff „Transgenerationstrauma“ auch unter diesen erweiterten Blickwinkel betrachten, kann sich ein größeres Bild zu entfalten beginnen.

29:32In diesem Sinne wünsche ich Dir von Herzen alles Gute und freue mich auf unsere nächste Begegnung. Deine Maria Sanchez.

Du möchtest mehr über Maria Sanchez‘ Herangehensweise erfahren? Erlerne die emotionale Selbstbegleitung. Weitere Informationen findest Du unter www.mariasanchez.de.

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