#13 – Wofür bist Du „undankbar“? Wie Dankbarkeitsrituale zur Selbstmanipulation werden können
Shownotes
Herzlich willkommen zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“ – ein Podcast für eine neue Begegnung mit Dir selbst.
In dieser Folge möchte ich gern auf das Thema „Dankbarkeit“ und in diesem Zusammenhang auch auf Dankbarkeits-Übungen blicken. Diese spielen in der heutigen Zeit in einigen spirituellen Strömungen eine bedeutsame Rolle. Daher kann es sich sehr lohnen, das Thema „Dankbarkeit“ – und damit verbunden auch das Thema „Undankbarkeit“ – unter verschiedenen Aspekten etwas genauer in den Blick zu nehmen.
▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ⬇️ Informationen zum Live-Frage-Antwort-Abend zum Podcast💬 Auf vielfachen Wunsch – und auch wie in meiner letzten Podcastfolge #12 erwähnt –, möchte ich gerne einen Live-Frage-Antwort-Abend zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“ veranstalten.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mit dabei bist:
🗓️ Sonntag, 16. November 2025 🕖 19:00 Uhr 🎥 YouTube
An diesem Live-Abend hast Du die Möglichkeit, Fragen zu den verschiedenen bisher besprochenen Themen zu stellen. Solltest Du bereits vorab eine Frage einreichen wollen, kannst Du mir diese per E-Mail an podcast@mariasanchez.de zukommen lassen.💌
🔗 Hier kannst Du Dich für die Veranstaltung anmelden.
▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬
Ich wünsche Dir inspirierende und nährende Momente beim Hören dieser Folge.🎧
Über Rückmeldungen in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen.☀️
Deine Maria Sanchez 🌷
▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬
❤️ Abonniere gern diesen Podcast, um keine Folge mehr zu verpassen!
▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬
Der Podcast ist auch auf allen gängigen Plattformen verfügbar.
Du findest alle Plattformen zum Anhören auch hier.
▬▬ Buchempfehlung: „Der blinde Fleck. Unsere psychischen und psychosomatischen Symptome als stärkste Verbündete“ ▬▬▬
https://www.mariasanchez.de/buecher-audio/der-blinde-fleck/
▬▬ Website ▬▬
▬▬ Online-Kurse ▬▬
https://www.mariasanchez.de/veranstaltungen/online-kurse/
▬▬ Präsenz-Seminare in Hamburg ▬▬
https://www.mariasanchez.de/veranstaltungen/praesenz-seminare/
▬▬ Newsletter ▬▬
https://www.mariasanchez.de/newsletter/nl-anmelden/
▬▬ Social Media ▬▬
• Facebook: https://www.facebook.com/mariasanchez
• Instagram: https://www.instagram.com/mariasanchez.de/
• YouTube: https://www.youtube.com/@maria-sanchez-ec-suh
• Linktree: https://linktr.ee/mariasanchez.de
▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬ ▬▬
Transkript anzeigen
So seltsam es klingen mag: Wenn wir eine undankbare Seite in uns haben, dann könnte nicht die Frage „Wofür bist Du dankbar?“ für unsere innere Entwicklung hilfreich sein, sondern in dem Fall – überspitzt gesagt – eher die Beschäftigung mit der Frage „Wofür bist du ‚undankbar‘?“, „Wobei empfindet eine Seite in Dir, dass das Leben ihr was schuldig ist?“
Hallo und herzlich und herzlich willkommen zu meinem Podcast „Psychologie trifft Spiritualität“. Ein Podcast für eine neue Begegnung mit Dir selbst. Mein Name ist Maria Sanchez und ich freue mich, dass Du hier bist und heiße Dich willkommen.
Heute möchte ich gern auf das Thema Dankbarkeit blicken und in diesem Zusammenhang auch auf Dankbarkeits-Übungen. Bevor wir starten, möchte ich Dich, wie in der letzten Folge schon kurz angekündigt, noch einmal sehr herzlich zu meinem Frage-Antwort-Live-Abend einladen. Alle Informationen dazu findest Du im Beschreibungstext dieser Folge.
So, nun zum Thema Dankbarkeit und Dankbarkeits-Übungen. Diese spielen in der heutigen Zeit ja in einigen spirituellen Strömungen eine bedeutsame Rolle, weshalb es sich unter anderem sehr lohnen kann, dieses Thema etwas genauer zu betrachten.
Dafür möchte ich gern mit Dir verschiedene Aspekte betrachten. Zum einen die innewohnende Kraft, die im Empfinden von Dankbarkeit liegen kann, dann die „allergisch abwehrende Reaktion“ von manchen Menschen, sobald es um das Thema Dankbarkeit geht. Gern möchte ich mich auch der versteckten und der offensichtlichen Form von Undankbarkeit widmen und Dich auch zu einer Mini-Übung einladen. Für diese Mini-Übung halte bitte Zettel und Stift griffbereit oder alternativ Dein Handy für eine Sprachaufnahme.
Zu Beginn möchte ich Dich einladen, Dir erst einmal kurz zu vergegenwärtigen, was „Dankbarkeit“ oder „dankbar sein“ denn eigentlich genau bedeutet bzw. was es beinhaltet. Es scheint ja auf den ersten Blick ganz offensichtlich zu sein, aber manchmal kann ein feineres Betrachtungsglas noch ganz andere Facetten offenbaren, die von Bedeutung sein können.
In aller Kürze würde ich sagen:
Dankbarkeit entsteht dann, wenn wir uns von etwas oder jemanden beschenkt fühlen. Das können kleine oder große Dinge sein. Wir haben etwas bekommen, das uns im Inneren berührt. Man könnte vielleicht sogar sagen: Wenn wir Dankbarkeit in uns empfinden, öffnet sich in uns ein Herzraum.
Um Dankbarkeit empfinden zu können, braucht es also mindestens ein Gegenüber. Dadurch führt uns das Empfinden von Dankbarkeit natürlicherweise auch in eine Verbindung. Eine Verbindung zu einem Menschen oder zu einem Tier, zu einem Wesen oder auch zum Leben, zu Gott, zum Höheren, zur Quelle – wie immer wir es nennen wollen.
Je nachdem, welche Dimension in unserem Empfinden von Dankbarkeit in uns berührt wird, kann bei einer größeren Dimension manchmal auch das Empfinden von Demut damit einhergehen. Nicht eine Pseudo-Demut, die uns durch das Dogma: „Du solltest dankbar sein!“ innerhalb einer negativen Machtausübung klein fühlen lässt, sondern Demut im viel tieferen Sinne – nämlich im Sinne einer Herzverbindung zu etwas, das über uns hinausgeht. Wenn wir schwer erkrankt sind, können wir dies während unserer Krankheit oder auch während bzw. nach unserer Genesung häufig in einer ganz besonderen Form spüren.
Dankbarkeit hat also etwas mit Verbundenheit, mit Beziehung zu tun und damit auch mit etwas, bei dem entweder in leichterer oder in stärkerer Form unser Herz involviert ist.
Es ließe sich natürlich noch sehr viel mehr dazu sagen, aber vielleicht erst einmal soweit als kleine Einstimmung auf das Thema und auch als Grundlage, auf der wir die nun kommenden Elemente betrachten können.
Es gibt ja eine Reihe an Dankbarkeits-Übungen oder auch Dankbarkeits-Ritualen und gern möchte ich mit Dir einen Moment bei dieser Ausrichtung verweilen.
Wird unser Bewusstsein z. B. durch Probleme, durch Schwierigkeiten, die unser Alltag mit sich bringen kann, eingeengt und droht dadurch unser Blick für das Wesentliche im Klein-klein verloren zu gehen, dann kann uns die Frage: „Wofür bin ich in meinem Leben eigentlich dankbar?“ helfen, wieder mehr Kontakt zu unserem Herzraum aufzunehmen und bisher vielleicht übermäßig groß erscheinende Alltagssorgen in einem größeren Kontext einordnen zu können. Was eben noch als überwichtig erschien, kann sich im guten Sinne relativieren. So kann in uns wieder mehr Raum entstehen. Auf diese Weise angewendet, kann ein Dankbarkeits-Ritual etwas sehr Unterstützendes für uns sein.
Auch wenn wir das Empfinden von Dankbarkeit in unsere Meditationspraxis einbeziehen, können wir auf einer bestimmten Ebene – es gibt in Bezug auf unser Herz noch mehr Ebenen – aber auf einer Ebene können wir dadurch eine Herzöffnung spüren und damit einhergehend eine Verbindung zu etwas über uns Hinausgehendes, sodass sich als „Begleiterscheinung“ unser innerer Bewusstseinsraum weitet.
Problematisch wird es aus meiner Sicht dann, wenn nicht mehr unser Herz im Zentrum steht. Wenn es nicht mehr in erster Linie um den Kontakt zu unserem Herzraum geht, sondern wenn Dankbarkeits-Übungen oder Dankbarkeits-Rituale als Konzept genutzt werden – dies wird beispielsweise manchmal bei einer bestimmten Form des Manifestierens getan, sodass die Absicht dahinter nicht mehr eine Herzverbindung ist, sondern die Ausrichtung ist, etwas bekommen zu wollen.
Auf mich wirkt es verquer, wenn Dankbarkeit, bei der es ja im ursprünglichen natürlichen Sinne um ein Empfinden des Sich-beschenkt-Fühlens geht, plötzlich benutzt wird, um willentlich etwas geschenkt zu bekommen. Nicht das Herz steht dann dabei im Zentrum, sondern der Wille.
Wenn man es noch überspitzer ausdrücken möchte, könnte man auch sagen: etwas Tiefes, im Ursprung Pures, nämlich letztlich Liebe, wird zugunsten eines „Ich will etwas haben!“ instrumentalisiert.
Bitte versteh mich nicht falsch. Es ist keineswegs verkehrt, etwas zu wollen! Der Wille gehört ebenfalls zu unserem Menschsein und kann in uns eine große Kraft sein. Ein „Ich will!“ kann uns in Bewegung bringen, in eine Aktivität, in ein Handeln. Oder auch ein „Ich will nicht“ in eine Abgrenzung. Das kann natürlich sehr wichtig und wertvoll sein. Leider durften so viele Menschen aufgrund ihrer Biografie nie wollen! Sie durften nie sagen: „Ich will!“
Es ist absolut richtig und wunderbar, dafür auf- und einzustehen. Es kann nur ebenfalls sehr wichtig sein, unsere Aufmerksamkeit dafür zu schulen, was die Quelle unseres Wollens ist. Entspringt und dient unser Wollen einer sich entfalten Kraft in uns oder ist die Quelle unseres Wollens eher die Flucht vor etwas – z. B. vor einem Schmerz und/oder vor einer Angst in uns.
Diese Überprüfung ist wichtig. Denn mit dieser zweiten Art des Wollens (also der fluchtbasierten) können wir zwar im Außen mitunter viel erreichen – um bei unserem Beispiel zu bleiben – viel manifestieren, aber wir bleiben im Inneren in der Tiefe in uns selbst unverbunden und allein. Denn letztlich flüchten wir ja nicht nur vor irgendeiner Angst oder irgendeinem Schmerz – also etwas Abstraktem – sondern vor UNSERER Angst und UNSEREM Schmerz und damit einhergehend vor uns selbst.
Und da das, wovor wir innerlich flüchten, in der Regel seine Wurzeln weit zurückliegend in unserer Biografie hat, laufen wir darüber hinaus auch Gefahr – wenn die Quelle unseres Wollens eine innere Flucht ist – auf einer emotionalen Ebene biografisch verletzte Kinder zu bleiben! Kinder, die viel Angst haben, die Schmerzen haben und die in der Tiefe nach einem inneren Zuhause schreien.
Wenn irgendwann die innere Flucht, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr weiter aufrecht erhalten werden kann, beispielsweise durch Lebensumstände, die sich plötzlich ändern oder durch psychische oder körperliche Probleme, die unerwartet in uns aufkommen, oder auch, wenn unsere innere Betäubung nach immer neuen Äußerlichkeiten uns nicht mehr ausreichend betäuben kann – wenn wir die Flucht also nicht mehr weiter aufrecht erhalten können –, dann kann es passieren, dass wir innerlich tief fallen – wie uns leider zahlreiche Beispiele von Menschen aufzeigen.
Es ist nie zu spät, sich sich selbst zuzuwenden. Wirklich nie! Aber es ist sehr viel schwieriger, wenn Lebensstürme uns umherwirbeln und wir keine haltgebende Beziehung zu uns selbst haben.
Es gibt (neben dem, was ich bisher gesagt habe) noch einen weiteren Grund, warum es von Bedeutung sein kann, sich mit unserer Absicht, Dankbarkeits-Übungen durchzuführen, auseinanderzusetzen. Und das hat mit den undankbaren Seiten in uns zu tun.
Der Begriff „undankbare Seite“ trifft es in der Tiefe nicht ganz, aber ich benutze ihn im weiteren Verlauf absichtlich, um den Gegenpol zur Dankbarkeit verdeutlichen zu können. Undankbar zu sein, ist bei uns normalerweise verpönt. Den Satz: „Du bist ‚undankbar‘!“ empfinden die meisten Menschen ähnlich wie ein verurteilendes Schimpfwort. Demzufolge fällt es uns in der Regel schwer, einen solchen Satz – ganz unabhängig von der Person, die ihn uns gegenüber äußert und ihren individuellen Gründen, dies zu tun – demzufolge fällt es uns schwer, wenn sich unser Gemüt wieder etwas beruhigt hat, zu überprüfen, ob es eventuell tatsächlich eine undankbare Seite in uns geben könnte.
Entdecken wir so eine Persönlichkeitsseite in uns, werden mit ihr in der Regel blitzschnell innere Kritiker:innen in unserem Inneren laut und beschämen uns mit verurteilenden Sätzen eben dafür, „undankbar“ zu sein; mit dem Ergebnis, dass unsere undankbare Seite normalerweise keine Möglichkeit bekommt, berichten zu können, was es mit ihrer Undankbarkeit eigentlich auf sich hat.
Wenn wir uns als Kind in unserer Familie emotional sehr alleine gefühlt haben oder darüber hinaus auch weitere Verletzungen erleiden mussten, dann gibt es – zumindest meiner Erfahrung nach in der jahrelangen Begleitung von Menschen – dann gibt es im Allgemeinen mindestens eine Seite in uns, die eine Rechnung mit dem Leben offen hat.
Denn, wie ich in der Vergangenheit schon öfter betont habe, unsere Eltern waren für uns als Kinder die Repräsentanz für alles. Für Menschen, für Liebe, für das Leben usw.
Haben wir in unserer Kindheit gelitten, ist es sehr verständlich, wenn sich daraus eine oder auch mehrere Seiten in uns entwickelt haben, die sich vom Leben benachteiligt fühlen oder sogar verraten. Diese Ich-Seiten in uns könnten beispielsweise durch Sätze repräsentiert werden, die in die Richtung gehen: „Warum hast Du (das Leben, das Universum, Gott oder wie auch immer wir es nennen wollen), warum hast Du zugelassen, dass ich in dieser Familie gelandet bin? Warum musste ich all das erleiden? Ich bin nicht gefragt worden, ob ich diese Mutter oder diesen Vater haben wollte. Ich bin nicht gefragt worden, ob ich diese Biografie, diese Art von Leben wollte!“
Und um an dieser Stelle Missverständnisse zu vermeiden, sei hier nur ganz kurz erwähnt – denn das wird eine eigene Podcastfolge sein –, dass die Seite in uns, die sich vom Leben benachteiligt oder sogar verraten fühlt – also die dem Leben gegenüber undankbare Seite – dass diese Seite das eigene Leben nicht gewählt hat. Beim Thema „Du hast Dein Leben selbst gewählt!“ werden (meiner Erfahrung nach) leider häufig verschiedene Ebenen in uns – unter dem Deckmantel von Spiritualität – wild durcheinandergemischt mit mitunter emotional sehr schmerzhaften Folgen für die Betroffenen, weil sie dann mit ihrer Wut, ihrem Schmerz und ihrem Empfinden, dass Ungerechtigkeit geschehen ist, nirgendwo mehr hin können, da sie ja alles angeblich selbst gewählt haben. Nein! Die Seite in uns, die durch einen Ungerechtigkeits-Stachel im Fleisch verletzt ist, hat das nicht gewählt!
Aber zurück zu unserem Thema.
Wir sind mehr als unsere Persönlichkeitsseiten. Das ist ganz klar. Aber wir sind auf einer Ebene auch sie. Wenn wir entdecken, dass diese undankbare Seite in uns atmet, kann es sehr wichtig sein, sie kennenzulernen, anstatt Dankbarkeits-Übungen über sie hinweg durchzuführen. Denn abgesehen davon, dass unsere undankbare Ich-Seite als emotional aufgeladene Seite in uns natürlich – bewusst oder unbewusst – eine Wirkung und auch eine Auswirkung auf unser Leben hat, abgesehen davon, entgeht uns, wenn wir sie nicht aufgreifen, die Möglichkeit, auch dieser verletzten Ich-Seite in uns und damit ja uns selbst ein inneres Ankommen im Leben zu ermöglichen.
So seltsam es klingen mag: Wenn wir eine undankbare Seite in uns haben, dann könnte nicht die Frage „Wofür bist Du dankbar?“ für unsere innere Entwicklung hilfreich sein, sondern in dem Fall – überspitzt gesagt – eher die Beschäftigung mit der Frage „Wofür bist Du ‚undankbar‘?“, „Wobei empfindet eine Seite in Dir, dass das Leben ihr was schuldig ist?“
Es geht nicht darum, rational Argumente dafür oder dagegen zu finden, ob diese undankbare Seite gerechtfertigt ist oder nicht, sondern darum – wenn Du diese Seite in Dir entdecken solltest –, ihr einen Raum zu geben, damit sie beispielsweise mal berichten kann, wie es in ihrem Erleben ist, vom Leben ungerecht oder unfair behandelt worden zu sein oder ungerecht oder unfair behandelt zu werden. Davon, dass ihr vielleicht das Leben in ihrem Empfinden noch etwas schuldig ist. Sodass sie nicht durch eine eventuell instrumentalisierte Dankbarkeit-Übung wie von einer Decke zugedeckt wird, sondern dass sie mal die Möglichkeit erhält, innerlich von uns selbst respektvoll bezeugt zu werden. In ihrem Groll, in ihrem Schmerz, in ihrer Einsamkeit.
Wir werden nicht „undankbar“ geboren! Undankbarkeit ist nicht vom Himmel gefallen! Also: Was ist passiert, dass sich diese offene Rechnung mit dem Leben in uns entwickelt hat?
Undankbarkeit ist das Ergebnis eines sehr schmerzhaften biografischen Verletzungs-Prozesses, wodurch eine Ich-Seite in uns – wie ich finde, sehr verständlicherweise – innerlich verbittert ist und sich verschlossen hat.
Manche Menschen sind stärker mit so einer Persönlichkeitsseite in sich identifiziert als andere. Hat diese Persönlichkeitsseite das Steuer stärker in der Hand, dann reagieren wir – wie ich finde ebenfalls sehr verständlich – auf Dankbarkeits-Ausrichtungen allergisch.
Auch hier ist wichtig, nicht zu vergessen, dass wir mehr sind als diese Seite, sonst könnten wir sie in uns ja gar nicht wahrnehmen. Denn um sie wahrnehmen zu können, braucht es ja eine Außenposition. Also müssen wir, wenn wir sie in uns entdecken, mehr sein als sie.
Es ist aber genauso wichtig, dass diese Tatsache nicht in die Richtung geht: „Sei mal vernünftig und schau, wie beschenkt Du doch im Leben eigentlich bist!“. Mit anderen Worten: „Schau mal hin, wofür Du dankbar sein könntest!“. Denn einer Verletzung kann man nicht auf der rationalen Ebene begegnen. Sie atmet in uns auf der emotionalen Ebene.
Wenn wir uns vom Leben benachteiligt fühlen, ist jedes offensichtliche – oder viel häufiger versteckte – Dogma „Sei doch dankbar!“ ein Schlag ins Gesicht. Da nützt es auch nichts, wenn man dann Menschen anführt, die es im Leben noch schwerer getroffen hat als uns selbst. Wie gesagt, es geht nicht um rationale Argumente, sondern darum, einen inneren Raum zu öffnen, um sein zu dürfen.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal in aller Kürze zusammenfassen:
Uns bewusst – also initiierend – durch Dankbarkeits-Übungen mit Dankbarkeit in Verbindung zu bringen, kann für einen inneren Weg sehr unterstützend sein, wenn die Verbindung zu unserem Herzraum im Zentrum steht.
Es kann von Bedeutung sein, zu überprüfen, was die Motivation ist, Dankbarkeitsübungen durchführen zu wollen.
Nicht nur die Frage „Wofür bin ich dankbar?“, sondern auch die überspitzte Frage „Wofür bin ich ‚undankbar‘?“ kann für unseren inneren Weg wichtig und heilsam sein. Denn auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, der eventuell in uns entdeckten undankbaren Seite einen bewussten Raum des Ausdrucks zu geben.
Mit dem, was Du in dieser Folge bis hierhin gehört hast, möchte ich Dich, wenn es für Dich stimmig ist, zu einer kleinen Mini-Übung einladen.
Es ist eine Übung, die Dich unterstützen kann, Deinen inneren Standort zum Thema „Dankbarkeit“ genauer bestimmen zu können.
Die Übung ist sehr einfach erklärt. Sie besteht darin, dass Du Dir ein Blatt Papier nimmst und in die Mitte dieses Papiers das Wort „Dankbarkeit“ oder alternativ „dankbar sein“ schreibst – je nachdem, was Dir passender erscheint. Nun schreibst Du Dir, ohne groß zu überlegen, alles auf, was zu diesem Wort in Dir aufkommt. Zum Beispiel könnte der erste Satz sein: „Ich bin dankbar dafür, dass ich gesund bin.“ Und der zweite Satz könnte lauten: „Ich habe überhaupt keine Lust, dankbar zu sein.“ Und der dritte Satz vielleicht: „Ich spüre eine Enge in meinem Brustkorb, wenn ich mir nur das Wort „Dankbarkeit“ auf dem Zettel anschaue usw.“
Es gibt kein richtig oder falsch. Du notierst Dir einfach, was bei diesem Wort in Dir entsteht. Schön wäre es, wenn Du Deine Aufmerksamkeit nicht nur auf Deine Gedanken richtest, sondern auch auf etwaige Empfindungen, die dabei entstehen und dass Du möglichst spontan antwortest. Das Allerwichtigste ist aber, dass Du Dich dieser kleinen Übung spielerisch annähern kannst. Es geht nicht darum, eine Aufgabe zu erfüllen, sondern eine kleine Kontaktaufnahme in Bezug auf dieses Thema zu Dir selbst zu ermöglichen.
Solltest Du die Übung verändern wollen, tue dies natürlich sehr gern. So, wie es für Dich passend ist. Die Dauer der Übung könnte zwischen drei und fünf Minuten liegen. Aber sollte diese Zeitspanne für Dich zu lang oder zu kurz sein, wähle einfach eine andere Zeitspanne, die Dir mehr entspricht.
Für manche Menschen ist es stimmiger, diese Übung nicht schriftlich durchzuführen, sondern mündlich. Sollte dies bei Dir der Fall sein, dann schreibe das Wort „Dankbarkeit“ oder „dankbar sein“ mittig auf ein Blatt Papier und sprich anschließend alles, was in Dir aufkommt, in Dein Aufnahmegerät – beispielsweise als Sprachaufnahme auf Deinem Handy.
Nach der Übung schaue bzw. höre Dir das, was Du aufgeschrieben oder aufgenommen hast, an und stelle Dir anschließend bitte die folgende Frage:
Wenn Du die Person, die diese Übung durchgeführt hat, nicht kennen würdest, was würdest Du sagen, wie steht diese Person zum Thema „Dankbarkeit“? Was ist ihre innere Position dazu?
Wie immer würde ich mich sehr freuen, in den Kommentaren erfahren zu dürfen, wie Dir diese Folge gefallen hat, und in diesem Fall wäre es auch wunderbar, über Deine Erfahrung mit dieser Übung lesen zu können.
Und gern möchte ich Dich zum Ende dieser Folge auch noch einmal an meinen Live-Frage-Antwort-Abend erinnern, falls Du dabei sein magst.
Alles Liebe für Dich und gehab Dich sehr wohl.
Deine Maria Sanchez
Neuer Kommentar